WDR, 01.09.2019, 08:25-10:00 Uhr. Mahler und Beethoven mit dem WDR Sinfonieorchester. Nach neun Jahren als Chefdirigent verabschiedet sich Jukka-Pekka Saraste vom WDR Sinfonieorchester. Vor allem das »deutsche Repertoire« der Klassik und Romantik hat es dem Finnen angetan. Wie ein roter Faden zieht sich Gustav Mahler durch seine Kölner Amtszeit und mit dessen 5. Sinfonie beendet er sie. Auch die Aufnahme aller Sinfonien von Ludwig van Beethoven war ein großer Erfolg, den Saraste zum Abschied nachklingen lässt: Er dirigiert Beethovens Große Fuge in einer Fassung für reines Streichorchester.
Seit 2010 hat Jukka-Pekka Saraste das WDR Sinfonieorchester geleitet und mit großer Detailverliebtheit und sprichwörtlicher nordischer Kühle geprägt. Die Inszenierung der eigenen Person und der große Auftritt sind nicht das Ziel des Finnen, auch nicht in der Musik. Sie beginnt unter seinem Taktstock kontrolliert, entfaltet sich dann aber schnell zu erzählerischen Bögen und überraschenden Energiebahnen. Saraste ist kein Musik-«Darsteller« mit großen Gesten und kokettem Hüftschwung, sondern versteht sich als Musik-«Ermöglicher«, dem es auf den großen Atem ankommt.
Das Abschiedsprogramm von Jukka-Pekka Saraste ist übrigens ein echt rheinisches: Gustav Mahlers 5. Sinfonie wurde 1904 in Köln uraufgeführt, Mahler hatte das Gürzenich-Orchester selbst dirigiert. Sie beginnt mit einem Trauermarsch, doch am bekanntesten ist sicher der Anfang des 4. Satzes: Das Adagietto – ursprünglich als Liebeserklärung an Alma komponiert – spielen nur Streicher und Harfe. Luchino Visconti hat es 1971 in seiner Verfilmung von »Tod in Venedig« genutzt. Und bei der Musik eines Bonners erklingen ausschließlich Streicher: Saraste dirigiert Ludwig van Beethovens Große Fuge für Streichquartett in einer Streichorchesterfassung von Felix Weingartner. Hier erscheinen die sich kreuzenden Melodielinien und Dissonanzen noch kompromissloser und faszinierender. Jukka-Pekka Saraste hatte zunächst Violine studiert und war Geiger im Finnischen Radiosinfonieorchester. So schließt sich am Ende seiner Kölner Zeit der Kreis – nicht als Solist, aber bei der Musikauswahl.
Ludwig van Beethoven / Felix Weingartner Streichquartettsatz B-Dur »Große Fuge« op. 133 (1825), Bearbeitung für Streichorchester
Gustav Mahler Sinfonie Nr. 5 cis-Moll (1901-02)