Arte, 08.06.2020, 05:55-06:45 Uhr. Mit Elena Bashkirova (Klavier), András Schiff (Klavier), Emmanuel Pahud (Flöte), Menahem Pressler (Klavier), Kirill Gerstein (Klavier), Baiba Skride (Violine), Julian Steckel (Cello), Itamar Zorman (Violine), Krzysztof Chorzelski (Bratsche), Madeleine Carruzzo (Bratsche), Tim Park (Cello).
Das 1998 von der Pianistin Elena Bashkirova gegründete Jerusalem International Chamber Music Festival gehört zu den bedeutendsten kulturellen Veranstaltungen im israelischen Musikleben. Die 19. Ausgabe des Kammermusikfestivals vereint wieder exzellente Musiker aus der ganzen Welt auf der Bühne des einzigartigen YMCA. Dieses Mal dabei sind die Pianisten Menahem Pressler, András Schiff oder Kirill Gerstein, der Flötist Emmanuel Pahud, die Geigerin Baiba Skride und der Cellist Julian Steckel. Und wenn die Erfahrensten der Kammermusikszene zusammentreffen, dann kann man auch mit einem vielfältigen Programm rechnen: Neben Schubert und Brahms werden Werke von Beethoven, Mendelssohn und Busoni dargeboten.
Was als ein großes Experiment in der Initiative der Pianistin Elena Bashkirova startete, mauserte sich mit der Zeit zu einem erlesenen Treffpunk der Kammermusikfreunde. Dazu beigetragen haben viele Faktoren. Zunächst die Einmaligkeit des Ortes Jerusalem, der Heiligen Stadt in den judäischen Bergen zwischen Mittelmeer und Totem Meer mit ihrer 5.000-jährigen Geschichte. Die Stadt, in der sich viele Kulturen der Antike und Moderne begegnen, und vor allem die Stadt der drei monotheistischen Weltreligionen: des Christentums, des Judentums und des muslimischen Glaubens. ARTE zeigt Höhepunkte des Festivals von 2016. Darunter »Fantasia Contrappuntistica« von Busoni in einer einmaligen Interpretation an zwei Klavieren mit Sir András Schiff und Kirill Gerstein. Busonis Versuch, die letzte und fragmentarisch gebliebene Fuge BWV 1080, 19 von Johann Sebastian Bach zu vollenden, ein sehr anspruchsvolles Klavierwerk, erfährt hier eine exemplarische Aufführung. Neben Johannes Brahms’ Streichsextett Nr. 1, mit Baiba Skride, Itamar Zorman, Krzysztof Chorzelski, Madeleine Carruzzo, Julian Steckel und Tim Park, ein schwungvolles jugendliches Werk vollkommenster Meisterschaft, oder dem Klaviertrio Nr. 1 von Mendelssohn mit Itamar Zorman, Tim Park und Kirill Gerstein, bietet Dvoraks Klavierquintett einen besonderen Moment des Festivals. Denn zum ersten Mal ist er dabei: der großartige 93-jährige Menahem Pressler, der Gründer des weltberühmten Beaux Arts Trio, eine Legende der klassischen Musik. Allein sein Spiel: Mit den ersten Takten seines Klaviereinsatzes kommt er an die Weichheit der Streicher heran, dann bekommt die Musik einen himmlischen Glanz, eine »nicht von dieser Welt«-Aura. Schon wegen solcher unvergesslicher Abende lohnt sich der Besuch des Kammermusikfestivals in Jerusalem. Das Programm endet im Sinne seiner 19-jährigen Festivaltradition, das heißt mit dem Streichoktett op. 20 von Felix Mendelssohn. Das Werk eines 16-Jährigen, voller Optimismus und Virtuosität. Stellvertretend für ein Festival, das sich den wichtigen »Dialog der Kulturen« auf die Fahnen geschrieben hat.
Auch der Konzertsaal im YMCA-Gebäude ist außergewöhnlich. Kaum eine andere Institution ist so beladen mit Symbolen wie die Young Men’s Christian Association (YMCA), ein Ort, der die gemeinsame Geschichte der Israelis, der Christen und der Muslime widerspiegelt. Gebaut wurde die »Anlage des Friedens« vom berühmten Architekten Arthur Loomis Harmon, der auch das Empire State Building in New York entwarf. Von hier aus wurde das erste Konzert des Radiosenders The Voice of Israel übertragen. Und gerade an diesem Ort treffen sich die Besten ihres Fachs, alle Jahre wieder, ohne Honorar, aus Liebe zur Musik, als Zeichen der Wertschätzung für die Stadt Jerusalem und für diesen magischen Ort.